Audi und Partner führen Pilotprojekt zur Umwandlung defekter Autogläser in neue Scheiben für den Audi Q4 e durch
Defekte Autoscheiben landen oft in der Recyclingtonne, wenn das gesprungene Teil nicht repariert werden kann. Für beschädigtes Autoglas gibt es noch keinen geschlossenen Stoffkreislauf. Hier leisten Audi und seine Partnerunternehmen Reiling Glas Recycling, Saint-Gobain Glass und Saint-Gobain Sekurit nun im Rahmen eines gemeinsamen Pilotprojekts Pionierarbeit.
Die Partnerunternehmen wollen das beschädigte Autoglas in Wertstoffe für die Modellproduktion umwandeln und haben dafür ein mehrstufiges Verfahren entwickelt. Durch ein innovatives Recyclingverfahren werden die Autoscheiben zunächst in kleine Stücke zerbrochen. Anschließend werden alle nichtglasbedingten Verunreinigungen wie Klebereste entfernt. Das dabei entstehende Glasgranulat wird eingeschmolzen und zu neuem Flachglas verarbeitet. Aus dieser Glasscheibe wird dann eine neue Autoscheibe. Wenn dieser Pilot erfolgreich verläuft, werden die so hergestellten Scheiben künftig in Modellen der Audi Q4 e-tron-Reihe zum Einsatz kommen.
Das Pilotprojekt Glasrecycling startet bei ausgewählten Händlern im Handelsnetz des Volkswagen Konzerns. Kunden, deren Autos eine beschädigte Scheibe haben, vereinbaren dort einen Termin. Der Handelspartner prüft, ob das Fenster repariert werden kann. Wenn dies nicht möglich ist, wird das Fenster ersetzt. Die zerbrochene Scheibe wird an die Volkswagen Original Teile Logistik GmbH & Co. KG geliefert. Die Volkswagen-Tochtergesellschaft organisiert die Entsorgung nicht mehr benötigter Teile aus den Werkstätten der Volkswagen AG. Servicepartner nehmen Autofensterscheiben aus diesem Prozess zum Recycling heraus.
Im nächsten Schritt werden die beschädigten Fensterscheiben an Reiling Glas Recycling geliefert. Dort werden sie zunächst in kleine Stücke zerkleinert und verarbeitet. Dabei führt Reiling die alte Autoverglasung erstmals wieder in die Flachglasproduktion ein.
Das Unternehmen sortiert Nichtglasmaterialien wie PVB-Kunststoffschichten (Polyvinylbutyral) im Glas, Fensterkanten, Metalle und Drähte wie Heizfäden und Antennenkabel aus. Der Ausscheidungsprozess erfolgt mittels Magneten, NE-Metallabscheidern, Absauganlagen und elektrooptischen Sortieranlagen. Zukünftig sollen solche PVB-Schichten auch in einen Fahrzeugkreislauf eingebracht werden.
Nachdem das Glasrezyklat aufbereitet und von eventuellen Abfallstoffen befreit wurde, wird es im nächsten Recyclingschritt von Saint-Gobain Glass in Herzogenrath, Deutschland, zu Flachglas verarbeitet. Dazu wird das Glasgranulat zunächst nach Sorten getrennt, um eine eindeutige Herkunfts- und Farbkontrolle zu ermöglichen, und dann in Behältern gelagert. Für die Herstellung von neuem Basisglas ist ein möglichst reines und homogenes Glasrezyklat erforderlich.
Anschließend mischt Saint-Gobain Glass das Rezyklat unter anderem mit Quarzsand, Natriumcarbonat und Kreide – den Grundbestandteilen von Glas. Der Anteil von Rezylat an anderen Materialien schwankt derzeit zwischen 30 und 50 %.
Ziel des Pilotprojekts mit Audi sind rund 40 Tonnen recyceltes Autoglas.
Das Flachglas wird zunächst zu Rechtecken von jeweils etwa 3 x 6 Metern (10 x 20 Fuß) verarbeitet. Anschließend produziert das Schwesterunternehmen Saint-Gobain Sekurit in einem weiteren Verfahren Autoglas.
Über das Pilotprojekt mit Audi hinaus plant Saint-Gobain Glass, innerhalb der nächsten drei Jahre bis zu 30.000 Tonnen Scherben in Herzogenrath in Produktion zu bringen, was eine erhebliche Menge an Energie und natürlichen Ressourcen einsparen sowie CO2-Emissionen und Wasserverbrauch reduzieren wird. Das bedeutet, dass das Unternehmen bei einer typischen Tagestonnage bis zu 75 Tonnen weniger CO₂ ausstößt.
Die drei Partnerunternehmen haben beschlossen, das Verfahren zunächst einem einjährigen Test zu unterziehen, um sich über Materialqualität, Stabilität und Kosten zu informieren. Wenn Glas wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll recycelt werden kann, werden in der Audi Q4 e-tron-Reihe Autoscheiben aus Sekundärmaterialien zum Einsatz kommen.
Gepostet am 26. April 2022 in Markthintergrund, Materialien, Recycling, Fahrzeughersteller | Permalink | Kommentare (0)